Das vierte Himmelsquartal 2024
Jupiter in Opposition / Komet Tsuchinshan-Atlas in bester Beobachtungsphase
Sternhimmel
Wenn es nun wieder dunkel genug ist, können wir hoch im Meridian wieder das Himmelsquadrat des Pegasus erkennen, an dem sich nach Osten hin die gebogene Sternenkette der Andromeda anschließt. Hier finden wir auch die berühmte Andromedagalaxie, die man an besonders dunklen Orten gut mit den bloßen Augen sehen kann. Spektakulärer ist ihr Anblick natürlich, wenn man zumindest ein 10 x 50 Fernglas zur Hilfe nimmt. Unterhalb der Andromeda und dem Pegasus kann man auch die lichtschwachen Sterne der Fische sehen, die V-förmig nach Nordwest geöffnet sind. Wandert der Blick vom Pegasus südlich, kommen wir alsbald in den Wassermann, wo momentan hell leuchtend der Ringplanet Saturn auf uns wartet. Knapp über dem südlichen Horizont können wir bei guter Horizontsicht auch den Hauptstern der südlichen Fische Formalhaut sehen. Noch östlich des Meridians befinden sich die lichtschwachen Sterne des Walfisch und östlich der Fische das Sternbild Dreieck und der Widder. Hoch oben im Zenit durchwandert die Kassiopeia gerade den Meridian. Sämtliche Sommersternbilder wie Schwan, Leier und Adler befinden sich nun wieder im Westteil des Himmels und warten darauf unter dem Westhorizont zu verschwinden. Über dem Osthorizont können wir nun wieder die ersten Sternbilder der kommenden Jahreszeit erkennen. Allen voran der Fuhrmann mit seinem hellen Hauptstern Kapella und der Stier mit seinem Hauptstern Aldebaran. In diesem Jahr wird der Stier mit dem hell leuchtenden Riesenplaneten Jupiter garniert, der es sich zwischen seinen Hörnern bequem gemacht hat. Der Große Wagen/Bär hat nun wieder über dem nördlichen Horizont seinen tiefsten Punkt seiner Jahresbahn erreicht. Web-Stellarium
Meteore
Vom 2. Oktober bis 7. November wird dieser lichtschwache Sternhimmel von den Sternschnuppen der Orioniden verziert, die ihr Maximum am 22. Oktober haben werden. Sie werden eine ZHR von 25 bis 30 Objekten pro Stunde erreichen und mit einer Eintrittsgeschwindigkeit von 65 km/s sind sie ziemlich schnelle Objekte. Sie stammen vom berühmten Kometen 1P/Halley.
Leider entgehen uns größtenteils die Sternschnuppen der Leoniden, die am 17. November ihr Maximum haben werden, und die der Geminiden, die ihr Maximum in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember haben werden. In beiden Fällen stört der fast volle Mond die Beobachtung erheblich.
Planeten
Bis Ende des Jahres baut Venus ihre Abendsichtbarkeit weiter aus. Bis Ende Dezember wird sie einen scheinbaren Durchmesser von 22“ und eine Helligkeit von -4m4 erreicht haben bei einer Beleuchtung von 56%. Schon in einem Vierzöller ist dann bei einer Vergrößerung von 100mal die fast halbe Venus zu sehen.
Der Mars schafft es bis Ende des Jahres nicht ganz seine Opposition zu erreichen. Erst am 16. Januar 2025 wird er in den Zwillingen in Opposition stehen. Trotzdem wird seine Helligkeit Ende Dezember bereits -1m2 und sein scheinbarer Durchmesser schon 14,3“ betragen! Schon mit einem Vierzöller können bei einer Vergrößerung von 150mal seine unterschiedlichen Oberflächenstrukturen beobachtet werden. Allen voran die Polkappe und die Große Syrte.
Der größte Planet unseres Sonnensystems Jupiter wird am 7. Dezember im Sternbild Stier in Opposition stehen. Mit einer Helligkeit von -2m8 und einem scheinbaren Äquatordurchmesser von 48,2“ können auf ihm im Vierzöller problemlos Strukturen in seinen Wolken beobachtet werden. Der Große rote Fleck und seine Äquatorialbänder sind dabei die auffälligsten Strukturen. Man kann auch erkennen, dass sein Globus wegen seiner schnellen Rotation von weniger als 10 Stunden etwas abgeplattet ist, weswegen sein scheinbarer Poldurchmesser nur 45,1“ beträgt. Auch die Bewegungen seiner vier hellen Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto sind interessant zu verfolgen und auch die Ereignisse, die sich bei Vorübergängen über die Jupiterscheibe ergeben, wie zum Beispiel Schattendurchgänge. Schon am 6. Dezember erreicht er mit 612 Millionen Kilometer seinen geringsten Abstand zu uns.
Am 17. November wird der Gasplanet Uranus ebenfalls im Sternbild Stier in Opposition stehen. Dieser grünliche Planet wird aber nur einen scheinbaren Durchmesser von 3,8“ erreichen, wodurch mit herkömmlichen Amateurteleskopen keine Oberflächenstrukturen bei ihm zu sehen sind. Mit etwas größeren Amateurteleskopen können aber seine vier hellsten Monde beobachtet werden, wie sie ihre Bahnen um ihn ziehen. Bei einer Oppositionshelligkeit von 5m6 kann er sogar an dunklen Beobachtungsorten mit Hilfe von Planetarium-Apps mit dem bloßen Auge aufgefunden werden!
Aber auch der Ringplanet Saturn, der bereits am 8. September seine Opposition durchlaufen hat, kann noch sehr schön bis Mitte Dezember im Sternbild Wassermann beobachtet werden, wie er dort nun wieder rechtläufig und gemächlich seine Bahn zieht.
Planetoiden
Vier Kleinplaneten können im vierten Himmelsquartal während ihrer Opposition mindestens 10m0 hell beobachtet werden. Den Anfang macht (39) Laetitia am 7. Oktober im Sternbild Walfisch. Sie wurde am 8. Februar 1856 von Jean Chacornac entdeckt und hat einen Durchmesser von 150 Kilometer. Benannt wurde sie nach einer römischen Gottheit. (19) Fortuna wird am 17. Oktober in den Fischen in Opposition stehen. Sie wurde am 22. August 1852 von John Hind am George Bishop-Observatorium entdeckt und hat einen mächtigen Durchmesser von 200 Kilometer! Benannt wurde sie nach der Göttin des Schicksals und des Glücks. Am 11. Mai 1850 entdeckte Annibale de Gasparis (11) Parthenope, die am 13. November im Sternbild Stier in Opposition stehen wird. Sie ist mit einem Durchmesser von 162 Kilometer ebenfalls nicht klein und wurde nach einer der Sirenen aus der griechischen Mythologie benannt. Als letzte wird (15) Eunomia am 14. Dezember in Opposition stehen. Sie wurde am 29. Juli 1851 ebenfalls von Annibale de Gasparis entdeckt und hat einen Durchmesser von 230 Kilometer! Benannt wurde sie nach einer der Horen genannten Tochter des Zeus. Die für die Suche und Auffindung wichtigen Daten der Planetoiden habe ich in Tabelle 1 zusammengestellt.
Tabelle 1: Daten der beschriebenen Kleinplaneten
Planetoid | Datum | RA | Dekl. | Mag. | Konst. |
(11) Parthenope (15) Eunomia (19) Fortuna (39) Laetitia | 10.11. 15.11. 20.11. 10.12. 15.12. 20.12. 10.10. 15.10. 20.10. 05.10. 10.10. 15.10. | 03h29m 03h24m 03h19m 05h29m 05h24m 05h18m 01h37m 01h33m 01h29m 01h14m 01h10m 01h06m | +11°10´ +10°55´ +10°42´ +34°11´ +33°37´ +33°00´ +10°39´ +10°08´ +09°37´ -03°35´ -04°18´ -04°58´ | 9m8 9m8 9m9 8m2 8m2 8m3 9m6 9m4 9m4 9m2 9m2 9m2 | Tau Aur Psc Cet |
Kometen
Eine kurze, aber spektakuläre Erscheinung dürfte der Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) im Oktober haben. Kurz nachdem er am 27. September sein Perihel durchläuft, wird er Anfang Oktober am Abendhimmel erscheinen und am 12. Oktober in Erdnähe (0,48 AE) stehen und seine größte Helligkeit mit vielleicht 1m5 erreichen! Zwischen dem 3. und 17. Oktober kann es zu einer Vorwärtsstreuung kommen, wodurch seine Helligkeit um etwa 1m ansteigen könnte. Wenn der Mond den Abendhimmel verlassen hat, kann auch ab dem 19. Oktober ein vielleicht bis zu 15 Grad langer Schweif zu sehen sein! Bis Ende Oktober wird der Komet aber wieder rasch verblassen, sodass er dann nicht mehr mit dem bloßen Auge sichtbar sein wird. Alles Vorhersagen, die natürlich darauf beruhen, dass der Komet seinen Periheldurchgang heil übersteht! Nun heißt es also Daumen drücken.
Entdeckt wurde Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) bereits am 22. Februar 2023 vom südafrikanischen ATLAS-Teleskop. Unabhängig davon wurde er auch von einem Teleskop am Purple Mountain Observatory (Zijinshan Astronomical Observatory) schon am 9. Januar 2023 erfasst und katalogisiert. Er stammt aus der Oort´schen Wolke und seine Umlaufbahn führt ihn dabei einmal in 80.000 Jahren einmal um die Sonne! In Tabelle 2 habe ich wichtige Daten zur Suche und Auffindung dieses Kometen zusammengestellt.
Tabelle 2: Daten des beschriebenen Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)
Datum | RA | Dekl. | Konst. |
05.10.2024
10.10.2024
15.10.2024
20.10.2024
25.10.2024 | 11h42m
13h07m
14h57m
16h23m
17h17m | -04°53´
-02°42´
+00°15´
+02°17´
+03°14´ | Vir
Vir
Vir
Oph
Oph |
Mondlose Beobachtungszeit
Für
die Beobachtung der Deep-Sky-Objekte benötigen wir natürlich wieder einen
dunklen und mondlosen Sternhimmel. Diese Zeiten habe ich in Tabelle 3
zusammengestellt.
Tabelle
3: Mondlose Beobachtungszeit
bis 9.
Oktober | 23.
Okt. bis 8. Nov. | 21.
Nov. bis 5. Dez. | ab 20.
Dezember |
Deep-Sky-Objekte
Im
Sternbild Kassiopeia sind diesmal die Ziele für den heutigen Beobachtungsabend
beheimatet - das Sternbild der Gemahlin des äthiopischen Königs Kepheus und
Mutter der Andromeda. Sie behauptete schöner zu sein als die Töchter des
Meeresgottes Nereus. Wegen dieser Beleidigung wandten sich die sogenannten
Nereiden an Poseidon, der ein Meeresungeheuer schickte, welches die gesamte
Küste des Landes verwüstete. Das Land konnte nur von dem Fluch befreit werden,
wenn ihre einzige Tochter Andromeda dem Meeresungeheuer geopfert werden würde.
Andromeda wurde schließlich an einen Felsen gekettet und im letzten Moment von
Perseus befreit, der Andromeda dann zur Gemahlin bekam. Raue Sitten in der
griechischen Mythologie!
Unser
erstes Ziel finden wir 2° südwestlich vom Stern δ-Cas. Dabei handelt es sich um
den offenen Sternhaufen NGC 457 -
auch „Eulenhaufen“ genannt. Die beiden Sterne φ-Cas und HD 7902 bilden hierbei
sozusagen die beiden Augen einer Eule und zwei Sternketten stellen dabei die
ausgebreiteten Flügel der Eule dar, die von einer Sternanhäufung ausgehen. NGC
457 ist etwa 8.500 Lichtjahre von uns entfernt und wurde am 18. Oktober 1787
von Wilhelm Herschel entdeckt. Der Sternhaufen hat einen Durchmesser von etwa
30 Lichtjahren und ist mittlerweile 20 Millionen Jahre alt. In einem 60mm
Refraktor ist NGC 457 bei einer Vergrößerung von 46x ein dicht gedrängter
Haufen mit vielen Sternen. Etwa 14 Einzelsterne sind in meinem 3-Zöller bei
V=76xWw zu sehen.
NGC 457; © Andreas Kaczmarek
Rund 1,1° südöstlich und mittig der gedanklichen Verbindungslinie von ε und δ-Cas steht der offene Sternhaufen NGC 663. Er wurde am 3. November 1787 ebenfalls von Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt und ist 6.500 Lichtjahre von uns entfernt. Es handelt sich bei ihm mit 400 Mitgliedern um den massereichsten Sternhaufen der Kassiopeia OB 8 Assoziation! Er ist ebenfalls 20 Millionen Jahre alt und war in meinem alten 60mm-Refraktor bei einer Vergrößerung von 46x einer der schönsten Sternhaufen! In meinem 3-Zöller kann man bei V=76xWw etwa 23 Einzelsterne vor einem diffusen Hintergrund erkennen, der nicht aufgelöst werden kann. Er ist dann groß und relativ hell zu erkennen.
NGC 663; © Andreas Kaczmarek
Etwa
1,7° östlich des Sterns α-Cas finden wir mit einem Achtzöller die HII-Region NGC 281 mit dem eingebetteten offenen
Sternhaufen IC 1590. Dieser Nebel wird auf Grund seiner Form auch
„Pac-Man-Nebel“ genannt. Er ist 9.500 Lichtjahre von uns entfernt und wurde am
16. November 1881 von Edward Emerson Barnard entdeckt. Mehrere sogenannte
Bok-Globulen wurden in der HII-Region aufgefunden, in denen auch heute noch
fleißig Sterne entstehen. Die ionisierende Quelle, die diese Region zum
Leuchten anregt, ist der Stern BD+55°191 (HD 5005). Im angesprochenen
Achtzöller ist NGC 281 bei einer Vergrößerung von 31xWw+OIII (-Filter) ein
großer, strukturierter Nebel, der sehr hell ist.
NGC 281; © Andreas Kaczmarek
Den planetarischen Nebel Abell 2 finden wir mit einem 16-Zöller indem wir das Teleskop rund 1,7° in nordöstliche Richtung von α-Cas bis η-Cas schwenken. Von hier müssen wir das Teleskop nur noch 30 Bogenminuten in westnordwestliche Richtung „schubsen“. Abell 2 wurde 1955 von George Abell auf Fotoplatten des POSS-Atlas entdeckt und ist 12.714 Lichtjahre von uns entfernt. Mit meinem 16-Zöller ist er bei V=105xWw+OIII (-Filter) ein relativ großer, runder, relativ heller Nebel, der homogen und ohne Zentralstern zu sehen ist.
Fernrohrzeichnung von Abell 2; © Andreas Kaczmarek
Unser
letztes Ziel am heutigen Beobachtungsabend finden wir 2,9° südwestlich vom
Stern β-Cas
nahezu im rechten Winkel mit α-Cas mit einem Achtzöller. Es handelt
sich hier um den offenen Sternhaufen NGC
7789 – auch Carolines Rose genannt. Er ist 8.000 Lichtjahre von uns
entfernt, hat einen Durchmesser von 65 Lichtjahren und wurde am 30. Oktober
1783 von Caroline Herschel entdeckt. Dieser Sternhaufen hat 15.000 Mitglieder
und ist bereits 1,5 Milliarden Jahre alt! Mit meinem Achtzöller ist er bei
einer Vergrößerung von 57xWw ein großer, lichtschwacher Haufen mit vielen
Sternen.
NGC 7789; © Andreas Kaczmarek
Wie immer wünsche ich allen wieder viel Spaß beim Aufsuchen und Beobachten der von mir beschriebenen Ereignisse und Objekte!
Tabelle 4: Daten der beschriebenen Deep-Sky-Objekte in der Kassiopeia
Objekt | RA | Dekl. | Dimension | Mag. | Art |
NGC 281 NGC 457 NGC 663 NGC 7789 Abell 2 | 00h54m 01h21m 01h46m 23h59m 00h47m | +56°44´ +58°25´ +61°13´ +56°50´ +58°06´ | 35 x 30´ 20´ 16´ 25´ 36“ | 7m1 6m7 14m5 | GN OH OH OH PN |
Merke:
Aufsuchkarten sind mit Guide 9.0 und Sky Safari erstellt und sämtliche Fotos sind vom
Verfasser.